Dienstag, 27. Oktober 2015

Playa Naranjo – von der Hitze, der Arbeit und wie ich begann, das Leben leichter zu nehmen



Hallo ihr Daheimgebliebenen,

mehr als zwei Monate sind nun vergangen, seitdem ich das erste Mal nach Playa Naranjo kam, meinen Arbeitsplatz, wo ich das nächste Jahr hauptsächlich arbeiten werde. An dieser Stelle also erstmal Entschuldigung, dass das so lange auf sich hat warten lassen, aber ich war ständig entweder auf der Arbeit oder unterwegs, wenn ich frei hatte. Als wir das erste Mal hergefahren sind, konnte ich erst nicht glauben, dass die Straße wirklich so schlecht ist, wie alle sagen. Aber wenn schon die Ticos sagen, dass die Straße schlecht ist, dann muss da auch was dran sein, was ich dann auch eine Stunde lang am eigenen Leib erfahren musste. Aber der Ausblick während der Fahrt entschädigt auf jeden Fall: erst am Berghang entlang hinunter in das Tal, mit einem bewaldeten Canyon auf der einen, und einem Hügel auf der anderen Seite. Unten im Tal dann der älteste Teil des Parks mit Bäumen, die auch 5 Personen nicht umfassen können und mit Sicherheit höher als 40m sind – richtiger Urwald eben, wenn auch kein Regenwald. Kurz vor Ankunft dann noch Mangrovenwald, der je nach Tageszeit auf Grund der Flut nicht passierbar ist oder nur mit Allrad. 
diese Schlammlöcher sind ungefähr einen Meter tief
Das ist kurz vor dem Haus, wie man sieht, ist der Weg durch das Wasser der Lagune geflutet.


Das Haus in dem wir wohnen ist eine Holzhütte aus den 70ern - oder noch älter, ich weiß es nicht -, 150m vom Strand und hat seit Beginn des Jahres ein neues Dach mit einer Hitzefolie, dass sich das Haus nicht so aufheizt, und vier Solarplatten, die wenigstens am Tag das Aufladen von Handy, das nur am Strand etwas Empfang hat, oder anderen Dingen ermöglicht und abends nach Sonnenuntergang noch zwei Stunden Licht ermöglichen – man sieht also, dass das hier SEHR einfache Bedingungen sind.
Wo ich gerade bei einfachen Bedingungen bin: Da wir nur einen sehr kleinen Kühlschrank haben, muss man vor der Fahrt immer Eis einpacken, das meistens nur 5 Tage hält, und außerdem Trinkwasser mitbringen, da das Wasser hier nicht trinkbar ist. 

Ich glaube das Leben hier tut mir sehr gut, weil alles sehr stark entschleunigt wird, ohne Internet oder Nachrichten aus aller Welt, weshalb mir mein bisheriges Leben in Deutschland schon jetzt als der pure Luxus vorkommt.
Auch sonst komme ich hier sehr gut zurecht, auch mit den Kollegen, die mich vom ersten Moment an sehr gut aufgenommen haben, man kann viel zusammen lachen und jeder verarscht den anderen den ganzen Tag – ganz nach meinem Geschmack also :D
Durch ihre Hilfe habe ich außerdem in einer atemberaubenden Geschwindigkeit soweit Spanisch gelernt, dass ich mich eigentlich mit jedem gut über die meisten Themen unterhalten kann und auch mein Akzent schon zu verschwinden beginnt. Noch fehlen mir viele grammatische Feinheiten, aber auf die meisten achten die Leute hier selbst oft nicht :D

Mein Zimmer teile ich mit einem Forscher aus Costa Rica, der hier das Verhalten der Jaguare und die Verbindung zwischen ihren Rundgängen am Strand und den Arribadas der Schildkröten, die jeden Monat zu einer bestimmten Zeit vermehrt aus dem Meer kommen. 
Spuren eines Jaguars, der morgens am Strand nach Schildkröten gesucht hat

Einer der beiden Forscher, der gerade bei einer Kamerafalle die Speicherkarte wechselt

Am Anfang, wenn es tagsüber nicht geregnet hatte, haben wir nachts sehr stark geschwitzt, aber jetzt, wo die Regenfälle langsam weniger werden und der Sommer kommt, sind wir dazu übergegangen einfach draußen auf der Terrasse in der Hängematte oder Matratze zu schlafen, weil ein leichter Wind geht.
Während des Tages kann man es wegen der Sonne oft kaum aushalten, weshalb der Arbeitstag sehr gemütlich angegangen wird, da man hauptsächlich nur die Touristen einweisen muss, was sie dürfen und nicht. Dazu kommen gelegentliche Wanderungen in den Senderos oder am Strand mit der Machete, wenn es einen Baum oder ähnliches zu beseitigen gilt.
Neben diesem Strand befindet sich auch noch ein anderer, wo im September und Oktober jede Menge Schildkröten ankommen und den wir regelmäßig besuchen müssen, weil dieser nur für Forschungszwecke erschlossen ist. Dort wohnt ein anderer Forscher, der im gleichen Projekt wie der Forscher hier tätig ist.

Kleine Schildkröten auf ihrem Weg ins Wasser - haben sie vor Geiern, Krokodilen und anderen Tieren gerettet, doch trotzdem erreicht nur 1 unter 1000 das Erwachsenenalter

Weil man hier aber trotzdem sehr viel Leerlauf hat, gehe ich oft einfach alleine wandern, begleite den Forscher bei seinen Rundgängen oder sammle Treibholz, aus denen ich Stühle für eine Ecke am Strand baue, wo wir oft den Sonnenuntergang anschauen. Außerdem habe ich vor kurzem ein eigenes Projekt begonnen, was ich in einem Jahr hoffentlich mit fertigen Informationstafeln für die Wanderwege über die Tiere und Pflanzen beenden werde.
Abends sitzen wir oft zwei bis drei Stunden dort am Strand nach dem Abendessen, weil die anderen ungefähr jeden anrufen, den sie kennen. Einfach um etwas zu reden und sich auszutauschen.
So hatte ich schon viel Zeit zum Nachdenken:

Warum dieses Jahr – ich glaube anfangs wollte ich mir einfach selber beweisen, dass ich das schaffe. Und jetzt, nach viel zu schnell verflogenen drei Monaten, habe ich mich schon so an die Kultur und meine Gastfamilie gewöhnt, dass ich noch gar nicht an mein anderes Leben ohne Reis und Bohnen denken will. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in dieser anfangs-ist-alles-neu-Phase bin, aber sollte es so sein, dann wird diese denke ich so schnell nicht aufhören, weil man jeden Tag neue Leute, neue Orte, oder Tiere kennenlernt.

Was mache ich danach – ich habe schon Ideen, aber bin mir nicht sicher, ob es dazu passt, was ich vom Leben will bzw. weiß ich noch gar nicht so recht, was ich von meinem Leben will.

Außerdem kommt mir immer wieder eine Aussage von unseren Vorbereitern in Deutschland in den Sinn: Wir sollen uns ein Paradies suchen, einen Ort zu dem wir einige Male in unserem Jahr zurückkehren, um wieder Energie zu tanken
Und das habe ich hier durch die Arbeit definitiv schon gefunden.

Saludos del calor,

Ralf 





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