Hallo ihr Daheimgebliebenen,
mehr als zwei Monate sind nun
vergangen, seitdem ich das erste Mal nach Playa Naranjo kam, meinen
Arbeitsplatz, wo ich das nächste Jahr hauptsächlich arbeiten werde. An dieser Stelle also erstmal Entschuldigung, dass das so lange auf sich hat warten lassen, aber ich war ständig entweder auf der Arbeit oder unterwegs, wenn ich frei hatte.
Als wir das erste Mal hergefahren sind, konnte ich erst nicht
glauben, dass die Straße wirklich so schlecht ist, wie alle sagen.
Aber wenn schon die Ticos sagen, dass die Straße schlecht ist, dann
muss da auch was dran sein, was ich dann auch eine Stunde lang am
eigenen Leib erfahren musste. Aber der Ausblick während der Fahrt
entschädigt auf jeden Fall: erst am Berghang entlang hinunter in das
Tal, mit einem bewaldeten Canyon auf der einen, und einem Hügel auf
der anderen Seite. Unten im Tal dann der älteste Teil des Parks mit
Bäumen, die auch 5 Personen nicht umfassen können und mit
Sicherheit höher als 40m sind – richtiger Urwald eben, wenn auch
kein Regenwald. Kurz vor Ankunft dann noch Mangrovenwald, der je nach
Tageszeit auf Grund der Flut nicht passierbar ist oder nur mit
Allrad.
diese Schlammlöcher sind ungefähr einen Meter tief |
Das ist kurz vor dem Haus, wie man sieht, ist der Weg durch das Wasser der Lagune geflutet. |
Das Haus in dem wir wohnen ist eine
Holzhütte aus den 70ern - oder noch älter, ich weiß es nicht -,
150m vom Strand und hat seit Beginn des Jahres ein neues Dach mit
einer Hitzefolie, dass sich das Haus nicht so aufheizt, und vier
Solarplatten, die wenigstens am Tag das Aufladen von Handy, das nur
am Strand etwas Empfang hat, oder anderen Dingen ermöglicht und
abends nach Sonnenuntergang noch zwei Stunden Licht ermöglichen –
man sieht also, dass das hier SEHR einfache Bedingungen sind.
Wo ich gerade bei einfachen Bedingungen
bin: Da wir nur einen sehr kleinen Kühlschrank haben, muss man vor
der Fahrt immer Eis einpacken, das meistens nur 5 Tage hält, und
außerdem Trinkwasser mitbringen, da das Wasser hier nicht trinkbar ist.
Ich glaube das Leben hier tut mir sehr
gut, weil alles sehr stark entschleunigt wird, ohne Internet oder
Nachrichten aus aller Welt, weshalb mir mein bisheriges Leben in
Deutschland schon jetzt als der pure Luxus vorkommt.
Auch sonst komme ich hier sehr gut
zurecht, auch mit den Kollegen, die mich vom ersten Moment an sehr
gut aufgenommen haben, man kann viel zusammen lachen und jeder
verarscht den anderen den ganzen Tag – ganz nach meinem Geschmack
also :D
Durch ihre Hilfe habe ich außerdem in einer atemberaubenden Geschwindigkeit soweit Spanisch gelernt, dass ich mich eigentlich mit jedem gut über die meisten Themen unterhalten kann und auch mein Akzent schon zu verschwinden beginnt. Noch fehlen mir viele grammatische Feinheiten, aber auf die meisten achten die Leute hier selbst oft nicht :D
Mein Zimmer teile ich mit einem
Forscher aus Costa Rica, der hier das Verhalten der Jaguare und die
Verbindung zwischen ihren Rundgängen am Strand und den Arribadas der
Schildkröten, die jeden Monat zu einer bestimmten Zeit vermehrt aus
dem Meer kommen.
Spuren eines Jaguars, der morgens am Strand nach Schildkröten gesucht hat |
Einer der beiden Forscher, der gerade bei einer Kamerafalle die Speicherkarte wechselt |
Am Anfang, wenn es tagsüber nicht
geregnet hatte, haben wir nachts sehr stark geschwitzt, aber jetzt,
wo die Regenfälle langsam weniger werden und der Sommer kommt, sind
wir dazu übergegangen einfach draußen auf der Terrasse in der
Hängematte oder Matratze zu schlafen, weil ein leichter Wind geht.
Während des Tages kann man es wegen
der Sonne oft kaum aushalten, weshalb der Arbeitstag sehr gemütlich
angegangen wird, da man hauptsächlich nur die Touristen einweisen
muss, was sie dürfen und nicht. Dazu kommen gelegentliche
Wanderungen in den Senderos oder am Strand mit der Machete, wenn es
einen Baum oder ähnliches zu beseitigen gilt.
Neben diesem Strand befindet sich auch
noch ein anderer, wo im September und Oktober jede Menge Schildkröten
ankommen und den wir regelmäßig besuchen müssen, weil dieser nur
für Forschungszwecke erschlossen ist. Dort wohnt ein anderer
Forscher, der im gleichen Projekt wie der Forscher hier tätig ist.
Kleine Schildkröten auf ihrem Weg ins Wasser - haben sie vor Geiern, Krokodilen und anderen Tieren gerettet, doch trotzdem erreicht nur 1 unter 1000 das Erwachsenenalter |
Weil man hier aber trotzdem sehr viel
Leerlauf hat, gehe ich oft einfach alleine wandern, begleite den
Forscher bei seinen Rundgängen oder sammle Treibholz, aus denen ich
Stühle für eine Ecke am Strand baue, wo wir oft den Sonnenuntergang
anschauen. Außerdem habe ich vor kurzem ein eigenes Projekt
begonnen, was ich in einem Jahr hoffentlich mit fertigen
Informationstafeln für die Wanderwege über die Tiere und Pflanzen
beenden werde.
Abends sitzen wir oft zwei bis drei
Stunden dort am Strand nach dem Abendessen, weil die anderen ungefähr
jeden anrufen, den sie kennen. Einfach um etwas zu reden und sich
auszutauschen.
So hatte ich schon viel Zeit zum
Nachdenken:
Warum dieses Jahr – ich glaube
anfangs wollte ich mir einfach selber beweisen, dass ich das schaffe.
Und jetzt, nach viel zu schnell verflogenen drei Monaten, habe ich
mich schon so an die Kultur und meine Gastfamilie gewöhnt, dass ich
noch gar nicht an mein anderes Leben ohne Reis und Bohnen denken will. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in dieser anfangs-ist-alles-neu-Phase bin, aber sollte es so sein, dann wird diese denke ich so schnell nicht aufhören, weil man jeden Tag neue Leute, neue Orte, oder Tiere kennenlernt.
Was mache ich danach – ich habe schon
Ideen, aber bin mir nicht sicher, ob es dazu passt, was ich vom Leben
will bzw. weiß ich noch gar nicht so recht, was ich von meinem
Leben will.
Außerdem kommt mir immer wieder eine
Aussage von unseren Vorbereitern in Deutschland in den Sinn: Wir
sollen uns ein Paradies suchen, einen Ort zu dem wir einige Male in
unserem Jahr zurückkehren, um wieder Energie zu tanken
Und das habe ich hier durch die Arbeit
definitiv schon gefunden.
Saludos del calor,
Ralf